Telemedizin: mit Gynäkologen im Live-Chat?

von Julia Peppler
Foto: ©iStock/ nensuria

Beim Stichwort Telemedizin in der Gynäkologie geht das Kopfkino an: Frau sieht sich mit dem Handy zwischen den Beinen… aber stopp! So ist das Angebot nicht gemeint. Wir haben uns angesehen, was Telemedizin in der Gynäkologie wirklich ist und wie Telemedizin funktioniert – gerade in Deutschland, das nicht gerade als Digitalisierungsvorreiter gilt.

Was ist Telemedizin und wie funktioniert Telemedizin?

Unter Telemedizin verstehen wir in Deutschland eine Vielzahl unterschiedlicher Angebote, zum Beispiel:

  • eine Videosprechstunde via Telemedizin-App
  • ein Arztgespräch über Link-Einladung
  • die Fernüberwachung nach Operationen und Eingriffen
  • das Übermitteln von Daten, z.B. Laborergebnisse oder Befunde
  • den Austausch von Ärzt*innen untereinander

Das Feld ist riesig. Doch bleiben wir vor Ort. Beim Hausarzt ist Telemedizin zum Beispiel wegen unkomplizierter Krankschreibungen nicht mehr wegzudenken. Und auch in der Gynäkologie ist Telemedizin oft hilfreich: ein Rezept für die Pille oder eine rasche Antwort auf eine dringliche Frage – das geht auch ohne persönlichen Kontakt. Trotzdem fragen sich viele:

Telemedizin & Gynäkologie – Wie passt das zusammen?

Für welche Behandlungen kommt die Telemedizin infrage? Und welche Vorteile hat eine Arzt-Online-Sprechstunde?

In der Regel sind die Wartezeiten für eine online Beratung deutlich kürzer als in Facharztpraxen. Zusätzlich spart Telemedizin Fahrt- und Wartezeiten. Wer keine gynäkologische Praxis um die Ecke hat, weiß dies sicher zu schätzen. Und wenn die ärztliche Beratung sogar abends, am Wochenende oder an Feiertagen erfolgt, passt das für viele besonders gut in den Alltag.

Welchen Patienten hilft Telemedizin?

Und welche Potenziale bietet Telemedizin für die gynäkologische Versorgung?

Die Beratung über Distanz ist zum Beispiel für Mädchen mit Perioden-Beschwerden oder für Kinderwunsch-Paare eine gute Möglichkeit, Fragen zu klären. Auch Frauen mit Endometriose profitieren, wenn sie fachlich fundierte Infos zur Verbesserung ihrer Lebensqualität erhalten. Zudem können Frauen nach Fehlgeburten gut telemedizinisch betreut werden. Bei reiferen Frauen sind Wechseljahres-Beschwerden ein geeignetes Thema für eine online Sprechstunde.

Häufig geht es um Empowerment. Frauen fühlen durch den gynäkologischen Rat eher handlungsfähig: „Kann ich mir zu Hause selbst helfen? Oder muss ich mit meinem Beschwerdebild in eine gynäkologische Praxis oder gar eine Klinik?“

Telemedizin in der Schwangerschaft

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Telemedizin in der Schwangerschaft: Ist sie für jede Schwangere geeignet?

Schwangere mit Vorerkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck können durch telemedizinische Angebote engmaschiger versorgt werden. Über Telemedizin kann auch die Medikation mit den jeweiligen Spezialisten abgesprochen und ggf. angepasst werden.

Vor allem trägt die telemedizinische Betreuung zur psychologischen Sicherheit in der Schwangerschaft bei.

Telemedizin – Chancen und Risiken

Ein Abstrich zur Krebsvorsorge oder eine Ultraschalluntersuchung kann über eine Online-Sprechstunde natürlich nicht erfolgen. Auch für Akutsituationen, zum Beispiel in der Schwangerschaft, kann Telemedizin niemals eine Lösung sein.

Selbst bei häufigen gynäkologischen Beschwerden wie Scheidenpilz ist Vorsicht geboten. Telemedizin-Anbieter arbeiten in der Regel mit Fragebögen, um einen Scheidenpilz zum Beispiel von einer bakteriellen Vaginose zu unterscheiden. Diese Fragen können einen ersten Hinweis geben. Sicherheit bringt jedoch nur ein mikroskopischer Nachweis der Erreger. Sucht deshalb auf jeden Fall eine gynäkologische Praxis auf

  • wenn ihr schwanger seid
  • wenn ihr unter 18 Jahre alt seid
  • wenn die Symptome wie Jucken oder Brennen in der Scheide zum ersten Mal auftreten
  • wenn der Juckreiz nach 3 Tagen nicht verschwindet bzw. sich die Beschwerden verschlechtern

Telemedizin – welche Grenzen gibt es?

Ganz unabhängig von der medizinischen Beratung müssen die technischen Voraussetzungen passen: Gerade in ländlichen Regionen, wo die Wege zur nächsten Praxis weit sind, lässt die Internetverbindung häufig zu wünschen übrig. Dabei sollten sowohl Frauenarzt bzw. Frauenärztin als auch die Patientinnen ein gutes Netz haben, um sich auf das Gespräch konzentrieren zu können. Auch gibt es beim Thema Datensicherheit noch viele offene Fragen, die in naher Zukunft geklärt werden müssen.

Telemedizin-Anbieter

Gynäkologische Sprechstunden zur Frauengesundheit werden online inzwischen zahlreich angeboten – auf Webseiten, wie über Apps. Meist ist ein kleines Beratungshonorar fällig, dafür gibt es auch das Rezept direkt online, das sich beim Telemedizin-Anbieter mit wenigen Klicks einlösen lässt. Das spart noch mehr Zeit und Wege. Telemedizin wird von vielen Gesetzlichen Krankenkassen gefördert und unterstützt. Allerdings lohnt sich z.B. bei Scheidenpilzsymptomen doch eher der direkte Weg in die Apotheke, um mit der Behandlung direkt beginnen zu können.

Große Telemedizin-Anbieter sind häufig europäisch aufgestellt. Wer mehr über den jeweiligen Anbieter erfahren möchte, kann mit einem Klick aufs Impressum zum Beispiel erfahren, wo sich der eigentliche Sitz des Unternehmens befindet. Ein Urteil über die Beratungsqualität können wir aufgrund der Vielzahl der Anbieter an dieser Stelle nicht fällen.

MINAs Fazit:

Wenn Frauenarzt oder Frauenärztin nicht greifbar sind, kann Telemedizin helfen? Klare Antwort: Jein!

Beratungsgespräche, etwa zur Familienplanung oder zum Abgleich von Zykluskalender und Temperaturkurve, sind dank Sprechstunde online gut machbar. Auch wenn es im Schritt mal juckt und zwickt, ist ein schneller, telemedizinischer Rat meist in Ordnung.

Ersetzt die Videosprechstunde den persönlichen Kontakt zwischen Arzt und Patientin? Nein! Eine Vorsorgeuntersuchung samt Abstrich und sonstige Diagnostik ist ohne den Besuch in einer gynäkologischen Praxis einfach nicht möglich. Deshalb trotz aller Chancen der Digitalisierung regelmäßig zur Vorsorge gehen – es geht schließlich um euren Körper und eure Gesundheit!

Lesetipp: Telemedizin ist schon heute in unserem Alltag angekommen. „Sexroboter“, die Frauen nicht nur körperlich verwöhnen, sondern auch Gedichte oder Witze vortragen können, sind eher noch Zukunftsmusik. Neugierig auf diesen technischen Trend? Dann lest hier, wie Sexroboter den Sex von morgen verändern können.

 

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