Manchen dient sie als Ausrede, manchen dient sie als Partythema – die Sperma-Allergie. Was klingt wie ein schlechter Witz, kann für Betroffene sehr unangenehm werden. Manchmal hilft nur der Weg in eine ärztliche Praxis, denn ungefährlich ist diese seltene Allergie nicht.
Als wir das Thema „Sperma-Allergie“ in der MINA-Redaktion diskutiert haben, kam zuerst Unglaube auf: Sperma-Allergie? Was soll das sein? Dann fingen wir an zu recherchieren: Gibt es eine Sperma-Allergie wirklich? Wie äußert sich eine Sperma-Allergie? Was tun gegen Sperma-Allergie? Und wie merkt man eine Sperma-Allergie? Unsere Antworten haben wir hier für Euch zusammengestellt, denn allergisch zu sein auf das normalste der Welt, stellt besonders Paare mit Kindewunsch vor Aufgaben.
Wie erkenne ich eine Sperma-Allergie?
Eine Sperma-Allergie, in der Fachsprache auch Seminalplasma-Hypersensitivität genannt, ist eine sehr seltene allergische Reaktion auf Proteine, die in männlichem Ejakulat enthalten sind. Wie bei jeder anderen Allergie auch, reagiert das Immunsystem der Betroffenen auf eine Substanz, die eigentlich harmlos ist – in diesem Fall ist es eben „nur“ Samenflüssigkeit.
Eine Sperma-Allergie ist übrigens nicht partnerspezifisch. Im Verdacht, die Allergie auszulösen, steht ein bestimmtes Eiweiß (PSA), welches jeder Mann in der Prostata bildet. Ein Partnerwechsel als Heilungsoption bringt also nichts.
Die Symptome einer Sperma-Allergie können je nach Schweregrad variieren.
Meist zeigen sich die Symptome etwa 30 Minuten nach dem Geschlechtsverkehr, können jedoch auch bereits während oder kurz nach dem Sex auftreten. Sie umfassen lokale Reaktionen im Vaginalbereich wie
- Juckreiz
- Ausschlag
- Schwellungen
- Rötungen
Oder in schwereren Fällen Reaktionen, die den gesamten Körper betreffen
- Erbrechen und Durchfall
- Quaddelbildung am gesamten Körper
- Atemnot
- anaphylaktischen Reaktionen
Wie viele Menschen leiden an einer Sperma-Allergie?
Bekannt, wie viele Menschen von einer Sperma-Allergie betroffen sind, ist nicht. Vermutlich, weil die Symptome oft verwechselt werden (z.B. mit Neurodermitis, Pilzerkrankungen, Blasenentzündung, Erkältungen, sonstige Unverträglichkeiten) oder von den betroffenen Personen aus Scham oder Unwissenheit der Gang zu Ärzt*innen gemieden wird. Schätzungen gehen von weniger als 1% der Frauen aus, die von einer Sperma-Allergie betroffen sind.
Woher kommt eine Sperma-Allergie?
Die genaue Ursache der Sperma-Allergie ist nicht bekannt, doch bei einigen Faktoren wird vermutet, dass sie das Risiko einer Spermaallergie erhöhen können. Zum Beispiel:
- häufiger Wechsel der Sexualpartner
- hormonelle Veränderungen im Körper
- bereits bestehende Allergien.
Die Diagnose einer Sperma-Allergie erfolgt durch einen Allergietest (Hautpricktest), der normalerweise in einer allergologischen Praxis durchgeführt wird. Als Testsubstanz kann das Sperma des Partners oder Spermaplasma eines Spenders verwendet werden.
Gleichermaßen wird die Tatsache, dass die genitalen Beschwerden durch die Verwendung von Kondomen beim Sex nicht mehr auftreten als starkes Indiz für das Vorliegen einer Sperma-Allergie gewertet.
Kann man eine Sperma-Allergie behandeln?
Die „Behandlung“ besteht in der Regel in der Verwendung von Kondomen beim Geschlechtsverkehr oder der Vermeidung von Ejakulationen. In einigen Fällen kann auch eine Immuntherapie, eine Hyposensibilisierung oder eine medikamentöse Therapie notwendig sein, um die Symptome zu lindern. Wie z.B. bei einer Pollen-Allergie können Antihistaminika zum Einsatz kommen.
Selbstverständlich kann nur ein*e Ärzt*in eine solche Allergie diagnostizieren. Allerdings ist eine Sperma-Allergie ein noch unzureichend erforschtes Gebiet. Daher ist über dieses Krankheitsbild noch sehr wenig bekannt. Zudem ist die Allergie so selten, dass nicht jede*r Gynäkolog*in oder Allergolog*in damit vertraut bzw. dafür sensibilisiert ist.
Hilfen und Hilfsmittel bei Sperma-Allergie
Was ist mit dem Sex? Müssen Menschen mit Sperma-Allergie enthaltsam leben? Oder gibt es spezielle Kondome? Nein, müssen sie nicht und ja, die gibt es tatsächlich! Diese Kondome sind meist aus Latex oder Polyurethan hergestellt und sind mit einem Gleitmittel auf Silikonbasis beschichtet, um das Sperma von der Haut fernzuhalten.
Doch was können Menschen mit Sperma-Allergie und zeitgleichem Kinderwunsch tun?
Kann man trotz Sperma-Allergie schwanger werden?
Selbstverständlich ist das möglich, denn die Allergie hat keinen Einfluss auf die generelle Fruchtbarkeit. Treten nur leichte Symptome auf, reichen allergieunterdrückende Medikamente vor dem Sex aus.
Auch eine Hyposensibilisierung kann helfen, damit der Körper eine Toleranz gegen das Sperma erlernen kann. Die dritte Option ist die künstliche Befruchtung, bei der das Spermium direkt in die Eizelle injiziert wird. Dank moderner Medizin finden sich also auch für kompliziertere Fälle Wege zur Schwangerschaft.
Wenn ihr lesen möchtet, wie es ganz allgemein mit dem Sex in der Schwangerschaft steht, könnt ihr euch hier informieren.
Sind auch Männer betroffen?
Bisher gibt es keine Berichte in der Fachliteratur über Überempfindlichkeitsreaktionen beim Mann nach Kontakt mit Sperma eines fremden Mannes. Es gibt seltene Sonderfälle, wie das sogenannte Post-Orgasmic-Illness-Syndrom (POIS). Hier kommt es zum Beispiel zu Fieber, Schüttelfrost oder Schwitzen nach dem Orgasmus bzw. der Ejakulation. Wodurch ein POIS ausgelöst wird, ist nicht klar. Auch eine Autoimmunkrankheit, bei der der Mann Antikörper gegen die eigenen Spermien bildet, ist bekannt. Diese Erkrankung führt zur Unfruchtbarkeit des Mannes.
Achtung Verwechslungsgefahr
Eine Sperma-Allergie ist ein sehr seltenes Phänomen. Solltet ihr im Intimbereich nach dem Sex oder auch sonst ein juckendes Gefühl haben, steckt mit hoher Wahrscheinlichkeit etwas Anderes dahinter.
So gibt es in der Symptomatik zum Beispiel Überschneidungen mit einem Scheidenpilz, der deutlich häufiger vorkommt als eine Sperma-Allergie. Mehr Infos zum Thema Scheidenpilz findet ihr hier. Wenn ihr Beschwerden habt, klärt das bitte gynäkologisch ab, damit ihr die „schönste Nebensache der Welt“ wieder unbeschwert genießen könnt.