Endometriose – mehr als ein monatlicher Albtraum

von Julia Peppler
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Anna ist 32 Jahre alt. Vor etwa sechs Jahren erhielt sie die Diagnose Endometriose, nachdem sie jahrelang unter unerklärlichen Schmerzen und gesundheitlichen Problemen gelitten hat. Die Krankheit hat Annas Leben in vielerlei Hinsicht verändert. Ihr Wunsch: Das Bewusstsein für Endometriose schärfen.

MINA erklärt, was das Krankheitsbild bedeutet, und grenzt ab zu „normal“-starken Regelschmerzen (Dysmenorrhoe).

Wie viele Frauen leiden an Endometriose?

So wie Anna geht es 10 bis 15 Prozent der Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter. So lautet es im Bundesbericht zur Gesundheitlichen Lage der Frauen in Deutschland. Damit zählt die Endometriose zu den häufigsten gynäkologischen Erkrankungen. Die Dunkelziffer wird jedoch deutlich höher liegen, denn die Symptome der Endometriose sind sehr unterschiedlich ausgeprägt. Deshalb dauert es oft jahrelang, bis die Erkrankung ärztlich festgestellt wird.

Was ist Endometriose?

Endometriose ist eine chronische, entzündliche, wiederkehrende (rezidivierende) und hormonabhängige Erkrankung. Dabei wächst Gewebe, das ähnlich der Gebärmutterschleimhaut (dem Endometrium) ist, außerhalb der Gebärmutter. Dieses Gewebe ist gutartig und findet sich häufig im kleinen Becken zum Beispiel an den Eierstöcken, Eileitern, den Gebärmutterbändern, der Gebärmuttermuskulatur, seltener auch am Darm oder der Blase. Es kann grundsätzlich überall im Körper wachsen. In sehr seltenen Fällen kann es auch außerhalb des Bauchraums, zum Beispiel in der Lunge, vorkommen. Warum es zu den sogenannten Endometrioseherden kommt, ist leider weiterhin nicht umfassend geklärt.

Die Symptome: Warum verursacht Endometriose Schmerzen?

Bei Endometriose verursacht gebärmutterschleimhautähnliches Gewebe außerhalb des Uterus chronische Entzündungen, Verwachsungen und Vernarbungen. Wie die Gebärmutterschleimhaut wird das Gewebe während des Monatszyklus durch Östrogen zum Aufbau stimuliert. Jedoch kann das aufgebaute Gewebe zusammen mit Blut am Ende des Zyklus nicht über die Vagina ausgeleitet werden, sondern verbleibt im Gewebe und ruft dort Entzündungen hervor, auch blutgefüllte Zysten können entstehen.

Symptome können von Frau zu Frau sehr unterschiedlich in Art und Ausprägung sein. Daher wird die Erkrankung auch als „Chamäleon der Gynäkologie“ bezeichnet.

Typische Symptome von Endometriose

  • starke Schmerzen kurz vor und während der Periode
  • Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, beim Wasserlassen oder Stuhlgang
  • unregelmäßige Monatsblutungen. Betroffene erleben auch zyklische und azyklische Unterbauchschmerzen, die oftmals chronisch werden.
  • es kann Schwierigkeiten geben, schwanger zu werden.
  • Oft treten auch Müdigkeit und Erschöpfung auf,
  • ebenso wie Blähungen und Verdauungsprobleme.

Das alles aber auch nicht bloß während der Blutung.

Auch auf die Frage, ob es einen direkten Zusammenhang zwischen der Ausdehnung der Endometriose und der Stärke der damit verbundenen Schmerzen gibt, wird keine genaue Aussage getroffen. Schmerzempfinden ist individuell. Das hat auch Anna immer wieder zu hören bekommen.

Die ersten Anzeichen

„Rückblickend begann alles in meiner späten Jugend. Während meiner Menstruation hatte ich immer starke Schmerzen, die ich als normal ansah, weil mir niemand etwas anderes sagte.“

Im Gegenteil, denn sie hörte von Ärzt*innen wie von anderen Frauen, dass starke Schmerzen bei manchen Frauen eben normal seien, dass manche Frauen eben schmerzempfindlicher seien als andere. Und Anna bekam gesagt, sie solle sich einfach mal nicht so verrückt machen, der Schmerz könne auch psychosomatisch sein. „Doch dass ich vor Schmerz ohnmächtig wurde, tagelang nur zusammengekrümmt im Bett lag, der Schule fernblieb, ertrug ich leise. Es war schließlich vermeintlich normal.“

Dabei hätte ihr ein früher Hinweis auf die Möglichkeit einer solchen Erkrankung viel Leid erspart. Zumindest hätte sich der Verdacht auf Endometriose verstärken können, wenn man Anna ernst genommen hätte. Präparate gegen Regelschmerzen, wie die klassischen Schmerzmittel, hätten schlichtweg nicht gegriffen.

Der Verdacht fiel viel zu spät auf Endometriose. Generell sollten Gynäkolog*innen hellhöriger werden und aufklären.

Fragen, die mit Mädchen und jungen Frauen besprochen werden sollten:

  • Welche Symptome können während der Menstruation auftreten?
  • Ab wann gelten Regelschmerzen als ungewöhnlich?
  • Welche Maßnahmen kann ich ergreifen, um Menstruationsbeschwerden zu lindern? (z.B. Bewegungs- und Yogaübungen, Akupressur, warme Wickel)
  • Welche Schmerzmittel sind bei Menstruationsbeschwerden hilfreich und was sollte bei der Einnahme beachtet werden?
  • Welche pflanzlichen Präparate können ergänzend zur Linderung beitragen?
  • Was kann gegen einen Blähbauch (Endo-belly) helfen und gibt es Ernährungsempfehlungen?
  • Welche therapeutischen Ansätze, wie Physiotherapie, Osteopathie, Entspannung oder psychologische Methoden, sind zur Schmerzreduktion empfehlenswert?

(hierzu: https://www.aerzteblatt.de)

Ein Paradigmenwechsel lässt sich vorsichtig erkennen

Endometriosezentren, Aufklärungskampagnen, Früherkennungsprogramme: Doch das alles geht noch nicht weit genug, fordert Anna. Denn ihre Erfahrungen sind leider keine Seltenheit. Dabei zählt die schmerzhafte Regelblutung, auch als primäre Dysmenorrhoe bezeichnet, zu den Risikofaktoren für eine Endometriose. Insbesondere Frauen mit früh auftretenden, stärksten Schmerzen während der Periode haben ein höheres Risiko später auch eine Endometriose zu entwickeln. Kurz um regelmäßige starke Schmerzen sind nicht die Regel! Denn Schmerzen, die die Einnahme von Schmerzmitteln erfordern, die Frauen mit Wärmflasche ins Bett zwingen und zu sozialem Rückzug führen, sind nicht normal. Erste wichtige Anhaltspunkte für Betroffene und Ärzt*innen bieten die regelmäßige Selbsteinschätzung der Schmerzen nach der sogenannten visuellen Analogskala von 0-10, sowie die Beurteilung des Schmerzmittelgebrauches und die Beurteilung der Einschränkungen im Alltag.

Aufklärung

Wichtig ist es, über Menstruationsbeschwerden aufzuklären, insbesondere beim ersten Gyn-Besuch von jungen Mädchen. Dabei sollte geklärt werden, welche Menstruationsbeschwerden auftreten können und was selbst getan werden kann für deren Linderung. Sinnvoll ist es alternative bzw. ergänzende Optionen zum Schmerzmittel aufzuzeigen, wie die Anwendung von pflanzlichen Arzneimitteln wie KadeZyklus bei Krämpfen.

Anna:
„Mit Mitte zwanzig wurden die Schmerzen unerträglich. Ich konnte kaum noch zur Arbeit gehen und verbrachte viele Tage zusammengerollt im Bett. Die Schmerzen strahlten in meinen Rücken und meine Beine aus, und ich hatte oft das Gefühl, als würde jemand mit einem Messer in meinem Unterleib stochern. Schmerzmittel wirkten irgendwann auch nicht mehr.“

Diagnose Endometriose – welche Behandlungen & Therapien gibt es?

„Es dauerte Jahre und zahlreiche Arztbesuche, bis ich endlich eine Diagnose erhielt. Viele Ärzt*innen taten meine Beschwerden ab. Eine Gynäkologin hörte schließlich genauer hin und vermutete Endometriose. Sie schickte mich zu einem Spezialisten, der nach einer ausführlichen Schmerzanamnese und einer gynäkologischen Untersuchung, eine Laparoskopie durchführte, um eine definitive Diagnose zu stellen. Als ich aufwachte, wurde mir bestätigt, dass ich Endometriose habe. Wir erstellten dann ein Therapiekonzept – eine Mischung aus Operationen, um Gewebe zu entfernen, einer hormonellen Therapie und Medikamenten gegen Schmerzen. Einerseits war ich erleichtert, endlich eine Antwort zu haben, andererseits war ich auch überwältigt und ängstlich“, erzählt Anna.

Multimodale Therapie

Endometriose ist nicht heilbar. Bei der Behandlung arbeiten idealerweise unterschiedliche Fachrichtungen (z.B. Frauenärzt*innen, Schmerz- und Physiotherapeut*innen und Kinderwunschzentren) zusammen, um Beschwerden zu lindern und eine chronische Schmerzentwicklung zu vermeiden. Im Vordergrund dabei steht das individuelle Bedürfnis der Betroffenen. Die Therapie der Endometriose umfasst medikamentöse und operative Therapien sowie komplementäre Therapien (z.B. Phytotherapie, Osteopathie, Ernährungsberatung).

Abhilfe bei Endometriose-Schmerzen: Was kann Endometriose-Symptome lindern?

Im Laufe der Jahre hat Anna verschiedene Behandlungen ausprobiert. Immer auf der Suche nach Linderung und einer Antwort auf die Frage: Welche Medikamente können dir bei der Behandlung von Endometriose helfen?

„Hormontherapien, Schmerzmittel und mehrere Operationen haben mir geholfen, die Symptome zu lindern, aber keine dieser Lösungen brachte endgültige Hilfe. Zusätzlich habe ich alternative Methoden wie Akupunktur, Yoga und Ernährungsumstellungen ausprobiert, die mir ebenfalls Erleichterung verschafften.“

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Mehr als Schmerzen beim Geschlechtsverkehr: Der Alltag mit Endometriose

Endometriose beeinflusst Annas Alltag meist stark. Die Schmerzen sind oft unvorhersehbar und können jederzeit auftreten, erklärt sie, nicht nur während ihrer Periode. „Manchmal sind sie so stark, dass ich meine täglichen Aufgaben nicht bewältigen kann. Ich musste lernen, auf meinen Körper zu hören und Pausen zu machen, wenn es nötig ist. Das ist besonders schwer, weil ich mich oft schuldig fühle, nicht „funktionieren“ zu können wie andere Menschen.“ Denn auch auf die Frage „Kann Endometriose Schmerzen beim Geschlechtsverkehr verursachen?“ muss Anna mit einem deutlichen „Ja“ antworten.

Emotionale Herausforderungen

Die ständigen Schmerzen und die Ungewissheit, wann der nächste Schub kommt, belasten sie emotional sehr. „Es ist schwer, Pläne zu machen oder spontane Aktivitäten zu genießen, weil ich nie weiß, wie ich mich fühlen werde. Auch meine Beziehungen wurden auf die Probe gestellt. Mein Partner und meine Familie mussten lernen, mit meiner Krankheit umzugehen, und es war nicht immer einfach. Die Unterstützung meiner Lieben war jedoch entscheidend für meinen Umgang mit der Krankheit.“

Endgültig.

Die Angst, niemals Kinder bekommen zu können, die Schwierigkeiten, überhaupt schwanger zu werden, und dann die Unsicherheit während einer Schwangerschaft: Gibt es in der Schwangerschaft Probleme durch meine Endometriose-Erkrankung?

Schwanger zu werden, war Anna nicht vergönnt. Die Hoffnung war immer noch bis zuletzt da gewesen. „Es war deshalb eine besonders emotionale Herausforderung, als ich mich entschloss, mich ein letztes Mal operieren zu lassen. Endgültig. Die Entscheidung, meine Gebärmutter und Eierstöcke entfernen zu lassen, war nicht leicht – und langwierig. Die trotz verschiedener Behandlungsoptionen anhaltenden Schmerzen haben meine Lebensqualität stark beeinträchtigt. Erst war ich häufig schulunfähig und jetzt, im Erwachsenenleben, häufig so eingeschränkt, dass ich mich sehr oft krank melden musste. Da erschien für mich als letzte gebliebene Möglichkeit, mich letztmalig operieren zu lassen, auch wenn es mit verschiedenen gesundheitlichen Konsequenzen verbunden sein würde.“

Darauf hoffen, dass es mit den Wechseljahren irgendwann besser würde, wollte sie nicht, auch wenn, statistisch gesehen, die Beschwerden durch die Erkrankung mit Eintritt der Wechseljahre fast immer enden, da das Wachstum von Endometriose hormonabhängig ist.

Der Kampf um Verständnis

Eines der größten Probleme ist das mangelnde Verständnis und die fehlende Anerkennung der Krankheit. Viele Menschen, einschließlich einiger Ärzt*innen, unterschätzen die Auswirkungen von Endometriose. Es sei frustrierend, immer wieder erklären zu müssen, dass die Schmerzen real sind und nicht „nur in meinem Kopf“ stattfinden.

Hoffnung und Wünsche

Trotz all der Herausforderungen gibt es auch positive Seiten. „Ich habe gelernt, stärker auf mich und meine Bedürfnisse zu achten. Ich habe durch Online-Communities und Selbsthilfegruppen viele wunderbare Menschen kennengelernt, die ähnliche Erfahrungen machen.“ Der Austausch mit anderen Patient*innen gibt Anna Kraft und Hoffnung. Auch mit anderen Schmerzpatient*innen.

Eine App soll jetzt bei der Erforschung und Therapie von Endometriose helfen und jungen Betroffenen das Leben mit der Diagnose vereinfachen: www.period-app.de

Annas Wunsch für die Zukunft ist, dass mehr Forschung betrieben wird, um bessere Behandlungsmöglichkeiten zu finden. Sie kann jeder Frau nur Mut machen, die vielleicht noch auf ihrem beschwerlichen Weg zur Diagnose und Behandlung ist. Denn eines hat Anna gelernt: „Endometriose mag ein Teil meines Lebens sein, aber sie definiert nicht, wer ich bin.“

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