LGBTQI+ – Wie offen ist unsere Gesellschaft wirklich?

von Julia Peppler

LGBTQIA+ steht für „Lesbian, Gay, Bisexual, Trans, Queer, Intersexual, Asexual“ und die damit verbundenen sexuellen Orientierungen und Identitäten. Das „+“ symbolisiert, dass die Begriffe noch ausgeweitet werden können, und meint die Akzeptanz für alle Formen der Liebe. Wenn aus Liebe Kinder entstehen, ist dieses Wunder des Lebens ein Grund zum Feiern. Trans* Menschen machen hier jedoch häufig andere Erfahrungen.

Die Schein-Offenheit

Regenbogenfahnen zeigen, dass unsere Welt frei, bunt und vielfältig ist. Doch diejenigen, die sie bunt und vielfältig machen, stehen vielfach vor Hindernissen. Homophobe oder transphobe Menschen gibt es auch in Deutschland noch immer häufig. Von echter Geschlechtergerechtigkeit sind wir weit entfernt. Das zeigt bereits die kontroverse Diskussion über das „Gendersternchen“.

Geschlechtergerechtigkeit in der Sprache

Die Diskussion um eine geschlechtergerechte Sprache erhitzt die Gemüter seit Jahrzehnten. War in den 1980er und 1990er-Jahren das große „I“ wie zum Beispiel bei „LehrerInnen“ oder „BesucherInnen“ noch ein Aufreger, sind wir heute einen Schritt weiter. Es gilt nun, alle biologischen Geschlechter in der Sprache sichtbar und hörbar zu machen. Dafür werden Sternchen, Unterstrich oder Doppelpunkt eingesetzt, zum Beispiel bei „Lehrer*innen“ oder „Besucher:innen“. Die Gesellschaft für deutsche Sprache empfiehlt ein solches Gendergap jedoch ausdrücklich nicht.

Auch halten 86% der Befragten nach einer Umfrage des mdr vom Juli 2021 eine geschlechtersensible Sprache für unwichtig. Nur 14% sehen das Thema als wichtig an. Bunt? Regenbogen? Chancengleichheit sieht anders aus.

Queerfeministisches Hebammen*kollektiv bietet Unterstützung

Das queerfeministische Hebammen*kollektiv Cocoon in Berlin setzt bei diesem Thema zum einen auf politischer Ebene an. Zum anderen möchte die Gruppe alle Menschen ermutigen, außerhalb heteronormativer Werte selbstbewusst glücklich zu sein und eine angemessene Betreuung zu erhalten. Gründungsmotivation war, dass queere, trans- oder nicht-binäre Menschen in klassischen medizinischen Einrichtungen vielfach auf Ablehnung und Respektlosigkeit stoßen.

Cocoon bietet daher eine Community, in der sich werdende Eltern austauschen können, ohne als „exotisch“, „fremd“ oder „anders“ eingestuft zu werden. Die ausgebildeten Hebammen* begleiten Menschen mit Kinderwunsch, in der Schwangerschaft, bei der Geburt und im ersten Lebensjahr des Kindes.

Geburtsvorbereitung für trans* Menschen

Da werdende Hetero-Eltern häufig Berührungsängste haben, wenn sie queeren Menschen begegnen, finden trans Menschen im Kalender des Hebammen*kollektivs spezielle Geburtsvorbereitungskurse. Hier ist neben den üblichen Informationen und Übungen zum Ablauf einer Geburt auch Raum für den Austausch persönlicher Erfahrungen. Gerade dieses Gemeinschaftsgefühl ist wichtig, damit sich die werdenden Eltern stark und empowered fühlen.

Sensible Sprache

Jede*r ist Expert*in für den eigenen Körper und der damit verbundenen Persönlichkeit. Deshalb steht ein sehr individueller Umgang mit den Paaren im Zentrum der Betreuung. Dazu gehört zum Beispiel, die (An-)Sprache zu klären: Mit welchen Pronomen möchten die Eltern angeredet werden? Welche Wörter sollen verwendet werden? „Muttermilch“ ist zum Beispiel ein Begriff, der sehr geschlechterspezifisch geprägt ist. Formulierungen wie Body- oder Chest Feeding bieten hier eine neutrale Alternative. Auch Begriffe wie Uterus (für Gebärmutter) oder Cervix (für Gebärmutterhals) sind für alle Geschlechter passend.

Jüngere Generationen sind offener

Dass Transmänner in der Lage sind, schwanger zu werden, sorgt in sozialen Netzwerken für Aufmerksamkeit. Genau diese Präsenz ist wichtig, um queeren Menschen eine Plattform zu bieten. Denn offensichtlich hat der häufige Umgang mit anderen Sexualitäten Einfluss auf das Mindset aller: In der Altersgruppe der 16-29-Jährigen halten 38% eine geschlechtergerechte Sprache für wichtig. Und gerade Menschen, die häufig Social-Media-Plattformen nutzen, sind dem Gendern gegenüber positiver eingestellt als andere. Viele Tipps zum richtigen Gendern gibt es bei geschicktgendern.de.

 

Oder möchtet Ihr mehr Informationen zur Arbeit des queerfiministischen Hebammen*kollektivs? Dann schaut einfach auf dieser Webseite vorbei.

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