Noch immer verstecken wir die natürlichste Sache der Welt – sogar wenn wir darüber sprechen. Dabei ist es längst Zeit, Menstruation neu zu denken.
Menstruation, immer noch ein Tabu?
Tabuthema Menstruation – im Jahr 2022? Wenn wir ehrlich sind: ja! Das fängt damit an, dass Frauen ihre Tampons oder Binden verstecken und sich nicht anmerken lassen, ob sie gerade ihre Periode haben. Und es hört noch lange nicht damit auf, dass Mädchen und Frauen in vielen Ländern während der Periode als unrein gelten.
Oft bedeutet es, dass die Betroffenen in dieser Zeit nicht in die Schule oder zur Arbeit gehen dürfen. Der Umgang mit der Periode ist politisch, er ist eine Frage des Feminismus und der Frauenrechte.
Tabu Menstruation: Wann müssen sich Frauen endlich nicht mehr für ihre Periode schämen?
Zumindest in unserer Gesellschaft hat sich der Umgang mit dem Tabu „Periode“ in der letzten Zeit etwas verbessert. In der Werbung für Menstruationsprodukte sieht man zunehmend rote Flüssigkeiten, aber dennoch ist das Gesamtbild klinisch rein. Das Wichtigste scheint zu sein, dass selbst bei minimaler Bekleidung nichts von Binden & Co. zu sehen ist.
Die Aufklärung zur Menstruation findet vielfach nur verschämt statt. Umfragen unter Mädchen zeigen, dass sie oft erschreckend wenig über die Monatsblutung wissen. Meist bleibt die Aufklärung in der Schule abstrakt biologisch – was Blutungen und Periodenschmerzen für Mädchen und Frauen bedeuten, spielt kaum eine Rolle im Unterricht.
Zeit für Klartext: Menstruation ist kein Tabuthema!
Nach wie vor wird selten offen über das Blut der Frauen gesprochen. Die „Tage“ oder die „Regel“ heißt es dann sachlich nüchtern, wo es um die wunderbar weibliche Fähigkeit geht, Leben zu schenken. Auch kreative Ausdrücke wie Bloody Mary, Los Wochos, „Besuch von der Erdbeerfee“ oder „der roten Tante“ vertuschen letztlich nur, worum es wirklich geht: dass Frauen bluten und dass dies die natürlichste Sache der Welt ist.
Kreative Wortspiele beantworten die Frage, ob das Tabuthema Menstruation eine Generationenfrage ist, leider mit Nein. Auch jungen Mädels fällt Offenheit bei diesem Thema schwer.
Period Shaming: Warum schämen wir uns für unsere Menstruation?
Warum hassen viele Frauen ihren Zyklus so sehr? Warum wird die Menstruation tabuisiert? Viele Gründe für unser Period Shaming haben – man muss es leider sagen – mit Männern zu tun.
Männer fühlen sich in einer Machtposition und nehmen sich häufig heraus, über Frauen bestimmen können. Sprüche wie „Lieber Gott, lass es ein Teebeutel sein“ sprechen Bände. Und die Antwort auf die Frage „Ekeln sich Männer vor der Periode“ lautet leider allzu oft: Ja.
Thema Menstruation: Ein Tabu in der Arbeitswelt?
Auf der Arbeit ist die Periode meist auch kein Thema – obwohl viele Arbeitnehmer:innen unter Periodenschmerzen leiden. Wenn Frauen von Endometriose betroffen sind, können die Schmerzen sie wirklich arbeitsunfähig machen. In Japan steht Frauen schon seit rund 70 Jahren Menstruationsurlaub zu. Doch die meisten Mitarbeiter:innen verzichten darauf – aus Scham!
Immerhin wird auch in einigen Ländern Europas über freie Tage oder Krankschreibungen bei Periodenschmerzen nachgedacht, etwa in Italien und Spanien. Fortschrittliche Arbeitgeber:innen stellen ihren Mitarbeiter:innen Menstruationsprodukte kostenlos zur Verfügung – was bei Toilettenpapier selbstverständlich und beim Obstkorb cool ist.
Periode im Leistungssport: Tabu oder Topthema?
Auch im Leistungssport ist die Menstruation oft ein Geheimnis, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Sportlerin und Trainer fehlt. Dabei kann die Gesundheit von Frauen auf dem Spiel stehen, wenn keine Rücksicht auf den Körper genommen wird.
Erst seit kurzem thematisieren Sportlerinnen den Zusammenhang zwischen Periode und Leistung, etwa ein verspannter Rücken oder eine steife Hüfte, allgemeine Müdigkeit oder Schmerzen.
Welche Rolle spielen soziale Medien bei der Stigmatisierung der Frau in Bezug auf die Periode?
Hinter Hashtags wie #letstalkperiod oder #periodpositive stehen Künstler:innen und Menstruationsaktivist:innen, die sich in den sozialen Medien gegen Period Shaming engagieren. Auf Instagram veröffentlichte die kanadische Künstlerin Rupi Kaur ein Foto von sich mit einem Blutfleck auf der weißen Hose – es wurde gelöscht, regte aber eine Riesendiskussion an. Heute folgen ihr Millionen.
Ins Gespräch kam auch Franziska Wartenberg mit einem Facebook-Post zu ihrer Abschlussarbeit. Thema: Enttabuisierung der Periode. Trauriger Witz am Rande: Für ihre Arbeit hatte sie unter den Forscher:innen ihrer Hochschule zunächst keine Prüfer:in gefunden!
Über Franziska und ihre Bachelorarbeit könnt Ihr hier mehr lesen.
Mit wem sprechen Frauen über ihre Periode?
Unter Frauen ist die Menstruation weniger tabu: Freundinnen reden darüber und tauschen Tipps aus, auch mit ihren Müttern sprechen die meisten Mädels über ihre Regelblutung.
Und ja, auch innerhalb von Partnerschaften hat sich etwas getan – waren „die Tage“ lange Zeit nur unter dem Label „heute nicht, Schatz“ ein Thema, gehen vor allem jüngere Paare heute freier damit um und können so beispielsweise lustvollen Sex während der Periode genießen. Tatsächlich aber sind die häufigsten Ansprechpartnerinnen oder Ansprechpartner nach wie vor auf dem Feld der Medizin zu finden.
Schluss mit dem Tabu
Menstruation ist ein wesentlicher Teil unseres Frau-Seins. Darauf können wir stolz sein und so sollten wir auch darüber reden. Unser Blut zeigt, dass wir fruchtbar sind und stark.
Wir wollen auch über die Schmerzen reden und das Recht haben, uns müde und unausgeglichen zu fühlen. Wir wollen frei sein im Umgang mit unserer Periode – das gilt auch für Tampons, Menstruationstassen oder Free Bleeding. Wir wollen uns nicht vorschreiben lassen, wie eine schöne Vagina auszusehen hat – wir sind schön, so wie wir sind. Vor allem aber wollen wir, dass keine Frau, kein Mädchen, nirgendwo auf der Welt aus der Gesellschaft ausgeschlossen wird, weil sie blutet. Seid Ihr dabei?
Hier könnt Ihr Euch noch weiter informieren:
Tabu Menstruation: Ja, wir bluten!